2. Preis, eingeladener Wettbewerb, 2018
KITA mit betreutem Wohnen und Erneuerung Glockenturm im denkmalgeschützen Ensemble
Auftraggeber: Evangelische Kirche, Hamburg West
Team: Alexandra Bub und Patricia Theiss
Glockenturm
Als Lichtskulptur im Stadtraum wird der neue Glockenturm an der gleichen Stelle wie der entfallende Kirchturm errichtet. Auch der neue Turm hat einen kreisrunden Grundriss. Allerdings wird das Mauerwerk schichtweise in unterschiedlichen Verbänden und Durchlässigkeiten perforiert ausgeführt. Dadurch entsteht eine spielerische, leichte, fast textil wirkende Verblendfassade. Licht und Schattenspiel der Sonne verstärken den baukünstlerischen Ausdruck. Ergänzend dazu, lässt künstliches Licht den Turm bei Dunkelheit als überdimensionale Laterne im Stadtraum leuchten. Die rötliche Ziegelfarbe lässt die Lichtskulptur warm und freundlich erscheinen. Der Glockenturm kann eine fast magische, freundliche Wirkung entfalten und dem Kirchenvorplatz Mitte und Halt geben. Dem kreisförmigen Grundriss angelehnt, definieren Bänke um den Kirchturm herum einen Platz und laden zum Verweilen ein. Die Gestaltung ist bewusst nicht konfessionell überladen, sondern soll überkonfessionell für Frieden und Gemeinschaft und Menschlichkeit in dem multikulturellen Stadtteil stehen.
Die Glocken werden an einer innenliegenden, biegesteifen Stahlkonstruktion aufgehängt und sind konstruktiv vom äußeren Mauerwerk getrennt. Der Glockenraum kann, je nach akustischen Erfordernissen, mit Lamellen innerhalb der umgebenden Mauerwerksschale ergänzt werden. Die Wartung der Glockenstube erfolgt über eine innenliegenden, filigrane Treppenkonstruktion.
KITA und Betreutes Wohnen
Wie ein selbstverständlicher Baustein fügt sich die neue KITA in das bestehende, denkmalgeschützte Ensemble ein. Die Außenwirkung als kirchliches Areal mit vielfältigen Angeboten für die Gemeinschaft wird gestärkt. Die vorhandene Materialität des Verblendsteins wird im Neubau weitergeführt.
Durch seine Lage und Ausformung als langgestreckter Riegel entlang der nördlichen Grundstücksgrenze bildet die KITA einen baulichen Rücken und definiert einen großzügigen und zudem geschützten Freibereich zwischen Kirche und KITA.
Das zweigeschossige KITA-Gebäude zeigt sich zur Elbgaustraße als schmaler Baukörper. Das dominierende Gebäude bleibt in der Wahrnehmung auch in Zukunft die Kirche mit ihrer sakralen Wirkung, die durch die Vertikale in der Fassade verstärkt wird. Die Fassade der KITA wird im Gegensatz dazu bewusst flächig als Lochfassade ausgebildet und greift mit seinen spielerisch gesetzten quadratischen Fenstern das geometrische Gestaltungselement des Konfirmandenraum auf.
Eine lichtdurchlässige, auf Loch gemauerte Wand verbindet den Konfirmandenraum mit dem KITA-Gebäude und bildet eine schützende, sowie gestalterisch bereichernde Einfassung des Außenspielgeländes. Im weiteren Verlauf wird die Mauer Teil des KITA-Gebäudes und führt als Leitwand zum Haupteingang, der als einladende Loggia in den schlichten Baukörper eingeschnitten ist.
Das Foyer ist als zweigeschossiger Erschließungsraum multifunktional ausgebildet. Mit vielfältigen Blickbeziehungen, einer skulpturalen Treppe mit Galerieebene und Lichteinfall über ein großzügiges Oberlicht, bildet es den Dreh- und Angelpunkt des KITA-Gebäudes mit Aufenthaltsqualität. Der Raum kann als Treffpunkt, als Bewegungsraum und als Veranstaltungsraum genutzt werden.
Der Konfirmandenraum wird als Pavillon für pädagogische Zwecke umgenutzt. Sein freistehender Charakter im Außengelände hat eine besondere Qualität. Über die perforierte Mauer ist er baulich mit dem Hauptgebäude verbunden. KITA-Gebäude, perforierte Mauer sowie Konfirmandenraum bilden ein gestalterisches Ensemble. Im Anschlusspunkt Mauer und Konfirmandenraum ist ein Nebeneingang für das Außenspielgelände ausgebildet. Dieser Zugang kann temporär, z.B. im Falle von Gemeindefesten geöffnet werden, um das Außenspielgelände auch direkt von der Gemeindeseite zu erschließen.
Sämtliche Gruppenräume der KITA sind entlang der Südfassade organisiert und haben vorgelagerte, witterungsgeschützte Freiflächen in Form einer großzügigen Loggia. Die Fassade der Gruppenräume ist als gefaltete Pfosten-Riegelkonstruktion ausgebildet. Die Faltung optimiert die Ausrichtung nach Süden und schafft eine Zonierung entlang der Glasfassade, von der die Innenräume sowie auch die vorgelagerten Loggien räumlich profitieren.
Ein Balkon im 1. Obergeschoss gibt auch den Kindern im OG die Möglichkeit, direkt von den Gruppenräumen das Freigelände zu erschließen. Eine Rutsche als beliebtes Spielangebot für die Elementarkinder verbindet Balkon und Außenspielbereich. Eine Wendeltreppe im Westen dient als direkte Erschließung des Balkons.
Die Wohneinheit für betreutes Wohnen ist als Staffelgeschoss auf dem KITA-Gebäude so angeordnet, dass es von der Elbgaustraße als Volumen kaum in Erscheinung tritt. Das Wohngeschoss springt gegenüber der Ost- und Südfassade deutlich zurück. Die Attika der KITA ist bis auf Brüstungshöhe höchgeführt. Sehr wohl aber bekommt die Wohneinheit eine eigene architektonisch ausgebildete Adresse auf der Erschließungsseite von Westen. Ziel ist, dem Wohnen ein eigenes Gesicht zu geben, damit sich auch die Jugendlichen mit Ihrem Zuhause identifizieren können und nicht das Gefühl haben „auf dem Kindergarten zu wohnen“. Die Südfassade ist maximiert und bietet nahezu allen Wohnräumen ein Fenster nach Süden. Eine schlauchartige Erschließung wird vermieden, indem die Gemeinschaftsbereiche den Flur für Aufenthalt aufweiten und belichten. Die Aufenthaltsräume können zwar mittels Falt- und Schiebewände vom Flur abgetrennt werden, sollen im Alltag aber als kommunikative Zonen offen und einladend sein.